Wehret den Anfängen! - Keine Bundesmittel zur Sanierung von überschuldetetn Städten                    Leserbrief zu Bundesgeld für klamme Kommunen FAZ vom 07.02.2023

Die Sache hat eine tief greifende Staats-und gesellschaftspolitische Komponente. Nicht umsonst haben wir in Deutschland mit dem sehr erfolgreichen Föderalismus mit einer Teilung der Aufgaben zwischen den Ebenen Bund, Länder und Kommunen und der Eigenverantwortung der  Ebenen hat nach Zweiten Weltkrieg einen zügigen Wiederaufbau erreicht. , Jede Ebene konnte in eigener Verantwortung allein entscheiden und hat  auch entschieden.

 

In letzter Zeit sind diese Strukturen durch Vermischung der Kompetenzen verwischt. Dies spüren wir zunehmend in einer Schwerfälligkeit, die geradezu in Handlungsunfähigkeit des Staates münden wird, wenn wir die Durchführung von infrastrukturellen Vorhaben betrachten. Nicht ohne Grund dauern sie immer länger bis hin zur Unmöglichkeit.

 

Das hat seine Ursache darin, dass der Koordinationsaufwand und das Ringen, wer bestimmt eigentlich inhaltlich, immer länger dauern und immer in transparenter werden. Wenn mehrere Ebenen an ein und demselben Vorhaben beteiligt sind, sei es über Verwaltungskompetenzen oder sei es über die Finanzierung, dann wollen alle mitreden und ihren Stempel für Jedermann sichtbar aufdrücken.. Dies verursacht einen so hohen bürokratischen Aufwand und zeitlichen Verzug, dass am Ende nur Frust und Misserfolg stehen. Die Bürger können Verantwortlichkeiten nicht mehr zuordnen und wenden sich vom Staat ab, weil dieser nicht in der Lage ist anstehende Probleme zu lösen.

 

Ein großen Schritt in diese Richtung haben wir mit dem 49 € Ticket gemacht. Verantwortlich sind die Kommunen. Sie haben vielleicht nicht in dem von der Bevölkerung und von den anderen politischen Ebenen erwarteten Maße diese Leistungen der Daseinsvorsorge angeboten. Das war kein böser Wille, sondern die finanzielle Unmöglichkeit hat ihren Tribut gefordert. Anstatt das Übel bei der Wurzel zu packen, und die Finanzausstattung der Kommunen so zu gestalten, dass sie die Erwartungen im Bereich Daseinsvorsorge "Öffentlicher Personennahverkehr" erfüllen können, haben sich unzuständiger Bund und unzuständige Länder in die politische Diskussion eingemischt und bei der Bevölkerung Erwartungen geweckt, die die Kommune nicht erfüllen können, und dann mit einer geringen Anfangsfinanzierung ein Aufgabenfeld eröffnet, an dem die Kommunen auf der Zeitachse ersticken werden. Das sind Fehlentwicklungen, wenn Bund und Länder Rechtsansprüche schaffen, die die Kommunen erfüllen sollen, aber mangels finanzieller Masse nicht erfüllen können.

Außerdem geht dabei auch der Zusammenhang zwischen der Leistung und ihrer Finanzierung verloren. Die Nutzer werden nicht mehr direkt an den wirklichen Lasten einer Leistung beteiligt, was zu Missbrauch und Überforderung des Staates bzw. der Kommunen führt.


Ein beredtes Beispiel hierfür ist die Gebührenfreiheit für Kindergärten. Seit die Eltern nicht mehr merklich an den Kosten beteiligt werden, gibt es nur noch Forderung nach Ausweitung dieser Leistungen sowohl in zeitlicher als auch in qualitativer Hinsicht, die niemals gestellt worden wären, wenn die Eltern an der Mitfinanzierung beteiligt worden wären. So ist beispielsweise von der dritten Gruppenkraft erst die Rede, seitdem den Eltern klar ist, dass sie nicht direkt mitfinanzieren müssen.

Zeitlicher Verzug, überbordende bürokratischer Aufwand und Verlust des Zusammenhangs zwischen Forderung einer Leistung und ihrer Bezahlung, merkliche der finanziellen Folgen einer Forderung, führen zu Staatsverdrossenheit, Wahlenthaltung und letztendlich, weil Probleme nicht gelöst werden, zu Meinungsterror, weil man  vermeintlich auf demokratischen Wegen nicht mehr zur Erfüllung seiner Forderungen kommt. Die letzte Generation ist ein beredtes Beispiel dafür.

 

Um dieses zu verhindern, sind schlanke staatliche Strukturen mit der Möglichkeit Verantwortungen eindeutig zuzurechnen notwendig. D. h. eine Ebene ist für die Aufgabenerfüllung und für Ihre Finanzierung in einer Hand verantwortlich. Sie muß sich von den Bürgern das zur Finanzierung erforderliche Geld "Auge in Auge" holen. Nur dann kann der Bürger das politische Verhalten beurteilen. Welche Ebene das ist, muss demokratisch entschieden werden. Dazu hat das Grundgesetz einen sehr guten Rahmen vorgesehen.

 

Wenn nun überschuldete Kommunen insbesondere in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz durch den Bund entschuldet werden, bedeutet das all diese Grundsätze auf den Kopf zu stellen.

 

Nicht umsonst haben wir die verfassungsrechtliche Zuständigkeit der Länder und zwar ausschließlich und allein der Länder für ihre Kommunen. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Kommunen über eine ihrer Aufgabenbelastung entsprechende Finanzausstattung verfügen. Dafür haben Sie die Möglichkeit an der Bundesgesetzgebung über den Bundesrat mitzuwirken und damit darüber zu wachen, dass die Kommune nicht überfordert werden. Kommen sie politisch zu dem Ergebnis, dass die kommunale Finanzmasse nicht ausreicht, sind sie im Obligo dieses Manko auszugleichen. Sind Sie der Auffassung, sie können das finanziell nicht, dann müssen Sie entweder dem Bund im Rahmen des Bund Länder Finanzausgleiches die entsprechenden Mittel für sich abbringen, um sie den Kommunen weiterzugeben, oder sie dürfen der Aufgabenbelastung im Bundesrat nicht zustimmen.

 

Zur Absicherung dieses Mechanismus gibt es auf der einen Seite das Durchgriffsverbot des Bundes auf die Kommune und auf der anderen Seite innerhalb der Länder das Konnexitätprinzip.

 

Es geht hier nicht um sturen Formalismus, sondern hinter den Strukturen stehen gewichtige gesellschaftspolitische Prozesse. Wer dieses vernachlässigt darf sich über Links-oder Rechtsradikalismus nicht wundern. Sie lösen zwar die Probleme nicht, sind aber das Sammelbecken für Unzufriedene.

 

Wenn nun ein Teil der überproportional verschuldeten Städte durch Bundesmittel saniert werden, werden gleich mehrere fundamental wichtige finanzpolitische Grundsätze verletzt.

 

Wer entweder über seine Verhältnisse lebt oder wenn ein Bundesland seine Kommunen nicht ausreichend finanziell versorgt und und nur lange genug abwartet, bis ein Dritter, hier der Bund, das Problem löst, entzieht sich seinen Pflichten. Wenn er damit erfolgreich ist, wirkt sich das zukünftig verheerend auf das Verhalten aller aus. Der Solide wird nicht noch einmal der Dumme sein wollen und wird in Zukunft auch nicht mehr solide wirtschaften. Er wird ja irgendwann von einem Außenstehenden saniert. Der Unsolide fühlt sich in seinem Verhalten bestätigt und hat keinen Grund, zu einer soliden Finanzwirtschaft zurückzukehren. Die Folge: Alle leben unverantwortlich auf Kosten eines Dritten, nämlich des Staatsbürgers, der irgendwann durch höhere Steuern diese Fehler ausgleichen muss. Es darf also niemand durch solche Aktionen aus seiner Verantwortung entlassen werden. Weder Kommunen, noch einzelne Bundesländer.

 

Was ist eigentlich mit den Ländern, in denen die Kommunen vor gleichen Problemen in der Vergangenheit gestanden haben und dieses durch einen Kraftakt in den eigenen Reihen gelöst haben? So zum Beispiel Niedersachsen, indem Land und Kommunen je zur Hälfte diese Sanierung geleistet haben. Die dafür erforderlichen Mittel konnten sie beispielsweise nicht in Infrastrukturen stecken. Dadurch geraten sie gegenüber denjenigen Ländern, die das Problem vom Bund lösen lassen, in einen erheblichen Wettbewerbsnachteil. Es kann und darf nicht sein, dass diejenigen, die ihre Verantwortung ausreichend wahrgenommen haben, strukturell benachteiligt werden. Das gilt nicht nur für Niedersachsen, sondern auch beispielsweise für Hessen, die das mit dem Mittel der Hessenkasse selbst finanziert haben und weitere Bundesländer.

 

Deshalb hat der Finanzwissenschaftler Thies Büttner absolut recht, wenn er sich gegen die Sanierung durch den Bund ausspricht. Hier handelt es sich ausschließlich um ein Länderproblem, dass auch Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und das Saarland landesintern lösen müssen. Wegen der grundsätzlich damit verbundenen Probleme kommt auch ein Weg, der die anderen Länder finanziell angemessen entschädigt, nicht Betracht.

Eigentlich sind diese Tatsachen hinreichend bekannt und eigentlich auch allseits anerkannt. Dennoch können  offensichtlich SPD und FDP der Versuchung, auf diesem Wege in den nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf - wo sie sich in der Opposition befinden – einzugreifen nicht widerstehen. Das ist ein höchst gefährlicher Weg niemand sollte ihn beschreiten.! Wer einmal diesen Weg betritt kommt ins Rutschen und wird am Ende ausrutschen.

 

Jochen-Konrad Fromme

Rechtsanwalt

Bäckerweg 2

 

38275 Haverlah

 

Tel.: 05341-331661

Fax: 05341-331852

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