Leserbrief zu „Eine Probe auf die Vernunft der Politik“ und  „Wann gilt die Schuldenbremse nicht?“ FAZ vom 22.06.2023

Leserbrief zu „Eine Form der Besteuerung künftiger Generationen“ WELT vom 22.06.23

 

Schulden frei von Ideologie betrachten

 

Die Staatsschulden müssen endlich aus der ideologischen Betrachtung herausgenommen und einer sachlichen Betrachtung unterzogen werden. Schulden sind weder „gut“ noch „böse“. Es geht ihnen wie dem Feuer, es kann wärmen, dann ist es gut, es kann vernichten, dann ist es böse. Es kommt also darauf an, was man mit ihnen macht.

Wenn man mit Schulden eine Investition finanziert, die sich rechnet, sind sie gut. Beispiel: In einem alten Gebäude wird eine neue Heizung mit neuer Isolierung eingebaut und die Zinsen inclusive der Abschreibung für die Investition sind niedriger als die eingesparten Heizkosten, dann ist die Schuldenfinanzierung sinnvoll.

 

Wenn man allerdings den normalen Ressourcenverbrauch, wie Heizkosten oder Abnutzung von Brücken und Straßen, mit Krediten finanziert, führt das über kurz oder lang zum Kollaps. Das ist so, als wenn eine Privatperson sich das Essen auf Kredit kauft oder die Miete mit Schulden finanziert.

 

Es kommt also darauf an, daß jede Generation ihren Ressourcenverbrauch mit ordentlichen Einnahmen, also Steuern und Gebühren, vollständig finanziert. Nutzung und Bezahlung müssen in einem identischen Zeitraum erfolgen. Wenn die Nutzungsmöglichkeit des Gegenstandes erschöpft ist, muß auch die Bezahlung erledigt sein, damit Spielraum für die Nachfolgesache gegeben ist. Nur das ist nachhaltig und generationengerecht.

 

Wenn man ausnahmsweise, z. B. zur Überwindung einer Krise, darüber hinaus Schulden einsetzt, muß man die zusätzlichen Tilgungen und Zinsen künftig aus den laufenden Einnahmen finanzieren. In diesem Umfang schmälert sich die künftige Konsumkraft der Gesellschaft. Der für die Rückführung richtige Zeitraum ergibt sich aus dem Grundsatz der Generationengerechtigkeit und dem Demokratieprinzip.

Generationengerechtigkeit heißt, nicht Kinder und Großkinder zu belasten, sondern jede Generation muß die von ihr verursachten Lasten selbst abtragen. Das hieße nach heutigen Maßstäben:  Maximal innerhalb von 30 Jahren. Dabei ist aber zu beachten, daß sich der erforderliche Zinsaufwand nach der Laufzeit der Schuldenbelastung ergibt. Je länger der Abtragungszeitraum, umso höher sind die aus ordentlichen Mitteln zu finanzierenden Zinsen. In diesem Maße wird während der Laufzeit die Konsumkraft der Gesellschaft eingeschränkt.

 

Das Demokratieprinzip verlangt hier aber deutlich kürzere Rückzahlungszeiträume. Da das politische Mandat auf die Wahlperiode beschränkt ist, darf auch in einer Wahlperiode nicht mehr an Verpflichtungen eingegangen werden, also an Ressourcen verbraucht werden, als in dieser Wahlperiode eingenommen wird. Das verdeutlicht das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 24.03.2021 zum Klimaschutzgesetz. Wenn man über diesen Zeitraum hinausgehen will, bedarf es der demokratischen Absicherung dadurch, daß dies nur mit einer qualifizierten ganz breiten Mehrheit im Parlament beschlossen werden kann, also 2/3 oder ¾. Nur so kann eine Legitimierung des Ressourcenverbrauches über die Wahlperiode hinaus gerechtfertigt werden.

 

Um sicherzustellen, daß der Ressourcenverbrauch aus „ordentlichen“, sprich laufenden Einnahmen finanziert wird, muß neben der reinen Liquiditätsrechnung eine auf das Haushaltsjahr bezogene Ressourcenverbrauchsrechnung auch bei Bund und Ländern eingeführt werden. Es muß also der Werteverzehr durch Abschreibungen und Rückstellungen für künftige Lasten gemessen werden. Dann kann man auf Regelungen, wie die Schuldengrenze, verzichten. Sie ist ohnehin nur ein zweitklassiges Instrument.

 

Die Verwendung einer solchen Systematik hat den großen Vorteil, dass sie die Beteiligten zu wirtschaftlichem Denken und Verhalten bringt, denn das System bestimmt das Denken. Es vermeidet darüber hinaus die volkswirtschaftliche „Achterbahnfahrt“ in der Baukonjunktur mit ihren Ab- und Aufbauverlusten bei der Kapazitätsanpassung der Brance, weil es für die Verstetigung der Nachfrage beiträgt.

 

Dies sind die wesentlichen Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht auch in dem aktuellen Streit über die Schuldenbremse anlegen muß.

 

 

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Jochen-Konrad Fromme

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