Bewußtseinsspaltung bei der CDU? Leserbrief zu Es brodelt FAZ vom 29-10-2020
Die CDU beschließt einerseits die Verschiebung des den für Dezember geplanten Parteitages auf März in der Hoffnung, daß sich das Corona-Problem entspannt, und berät gleichzeitig im Format Kanzlerin/Ministerpräsidenten (mit Vorsitzendem-Kandidaten Laschet) über einer Verschärfung der Corona-Maßnahme, die künftige Großveranstaltungen unmöglich macht., weil sie zu recht befürchtet, daß sich die Lage verschlechtert. Das verstehe wer will, ich kann das nicht nachvollziehen.
Dieser Widerspruch macht einen Bruch in der CDU-Denke deutlich, zumal erfahrungsgemäß die Delegierten für den alljährlich im Dezember stattfindenden Parteitag in einem auf diesen Routinetermin für zwei Jahre gewählten Rhythmus bestimmt worden sind. Das macht im Vorfeld des neuen Parteitages dutzende von Mitliederversammlungen in den Kreisverbänden erforderlich, um die Delegierten neu zu bestimmen. Das provoziert zig Großveranstaltungen im Januar/Dezember im Vorfeld des neuen Parteitages und damit im Zeitraum, in welchem von der CDU zu Recht selbst eine schwierige Corona-Lage erwartet wird. Das nenne ich verantwortungslos.
Das vom Bundestag am 07.10.2020 verabschiedete Gesetz, mit dem die Verlängerung der Wahlzeiten von Vorständen auch auf Parteivorstände und Delegierte erweitert werden soll, ist weder ausgefertigt noch verkündet und gilt somit noch nicht. Parteien sind aufgrund ihrer besonderen Stellung durch Art. 21 GG elementarer Bestandteil der Demokratie. Deshalb können die Regelungen für Vereine in dieser Hinsicht nicht auf sie ausgeweitet werden. Es kann wegen eines Verstoßes gegen das Demokratieprinzip vom Bundespräsidenten auch nicht unterzeichnet werden. Wahlen können und dürfen in einer Demokratie nicht auf unvorhersehbare Zeit verschoben werden.
Glaubt die CDU im Schlafwagen die Bundestagswahl zu gewinnen? Wenn der oder die neue Vorsitzende im März gewählt wird, dann hat er drei Monate bis zur Sommerpause und dann noch einen Monat nach den Ferien bis zur Bundestagswahl. Wie soll da ein Wahlkampf konzipiert und geführt werden? Angesichts der anstehenden vielen grundsätzlichen Fragen unvorstellbar.
Warum geht man nicht den niedersächsischen Weg mit mehreren parallelen Sitzungsorten, die virtuell zusammengeschaltet werden. Dann kann man im Rahmen des geltenden Rechtes gleichzeitig abstimmen und die Ergebnisse zusammentragen. Wenn sich die Partei das organisatorisch nicht zutraut hat sie ihren Anspruch auf eine führende Rolle in der Bundesregierung verwirkt.
Jochen-Konrad Fromme
Rechtsanwalt
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