Reform der Schuldenbremse ist keine Lösung
Leserbrief
Reform der Schuldenbremse ist keine Lösung
Wer im Jahre 2023 eine Reform der Schuldenbremse nach dem Motto „Investitionen können mit Schulden finanziert werden“ oder „Zukunftsaufgaben müssen durch Kredite finanzierbar sein“ fordert, hat zwei grundlegende Tatsachen nicht verstanden: Zum einen kann man durch Kredite seine Kaufkraft nicht vergrößern, sondern nur auf der Zeitachse verschieben und zum anderen, wird jede Investition mit ihrer Nutzung zur konsumptiven Ausgabe und muß aus ordentlichen Einnahmen finanziert werden.
Kredit bedeutet, daß ein Gläubiger darauf verzichtet, seine Konsumkraft für sich persönlich zu nutzen und sie einem anderen, dem Schuldner, zur Verfügung stellt. Dies tut er unter zwei Bedingungen: 1. Er will sie zu einem vereinbarten Zeitpunkt 1:1 zurückhaben und 2. verlangt er für die Zeit der Überlassung ein Entgelt, den Zins. Die Folge für den Schuldner, er kann seine künftige Konsumkraft vorzeitig einsetzen, aber um den Preis, daß diese um den notwendigen Betrag der Rückzahlung plus der aufzuwendenden Zinsen sinkt. Für den Zeitraum der Inanspruchnahme des Kredites wird die eigene Kaufkraft des Schuldners nicht vergrößert sondern geschwächt, weil der Zins keinen Mehrwert für den Nutzer bewirkt.
Da Bund und Länder – ausgenommen Hamburg und Hessen – nicht tilgen und abschreiben, bleibt der Kredit ewig erhalten. Damit türmen sich die Zinsverpflichtungen aus Kreditbeschaffungen im Haushalt weit über den Zeitraum hinaus, in dem die beschafften Güter genutzt werden können. Dies mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Ein 1969 (seit dem war die Kreditaufnahme in Höhe der Investitionen erlaubt) für 50.000 Euro*) auf Schulden beschafftes Auto hat bei durchschnittlichen Zinsen von 3,5 % bis einschl. 2023 über 54 Jahre jeweils 1.750 Euro, insgesamt 94.500 Euro, Kaufkraft für die Zinsen verbraucht und wird in jedem folgenden Haushaltsjahr Kaufkraft für Zinsen binden und bleibt mit 50.000 Euro Schulden in der Bilanz. Und das, obwohl man von dem Auto nicht einmal mehr den Rost sieht.
Hier wird auch deutlich, daß ein solches Verhalten extrem unwirtschaftlich ist, denn das Auto mit dem Marktwert 50.000 Euro hat bis jetzt 144.500 Euro Aufwand in einer 5-jährigen Nutzbarkeit gekostet.
Hier wird auch deutlich, daß die Aussage „Investitionen schaffen Gegenwerte und können deshalb mit Schulden finanziert werden“ so absolut falsch ist. Durch die Nutzung einer Investition verbraucht sich der Gegenwert. Insofern sind Investitionen nichts anderes als die Verbrauchsausgaben im Haushalt. Der Unterschied ist nur, daß sie nicht im Jahr der Investition konsumptive Wirkung haben, sondern gestreckt über die Nutzungsdauer. Aber am Ende sind sie auch Vermögensverzehr.
Deshalb bringen die Betriebe und Kommunen diesen Wertverlust über Abschreibungen in die jährliche Ressourcenverbrauchsrechnung ein und sorgen so dafür, daß sie durch Erlöse ausgeglichen werden. Damit wird das eingesetzte Kapital über die Nutzungsdauer der Bilanz wieder zugeführt. Das machen Bund und Länder nicht, damit bleibt die Zinsverpflichtung auf Ewigkeit erhalten und kummuliert sich.
Da die Staaten finanzielle Ressourcen in einem so großen Umfang in Anspruch genommen haben, daß der Kapitalmarkt sie aus Ersparnissen nicht finanzieren konnte, mussten die EZB und die Nationalbanken mit Buchgeld einspringen. Um die EU-Regeln formal einzuhalten, haben sie Staatsanleihen begeben, die dann weitestgehend durch die Zentralbanken aufgekauft wurden. Dadurch ist die Geldmenge gegenüber der Warenmenge sprunghaft angestiegen, was sich Anfang des Jahres in Inflationsraten von 10 % geäußert hat. Das sollte uns im Jahr des 100. Jubiläums der Einführung der Rentenmark als Folge der Superinflation von 1923 bewußt sein.
Anders als bei Wirtschaftsinvestitionen auf Kredit schaffen staatliche Investitionen keinen Mehrwert im Haushalt. Ein Betrieb wird eine Investition nur dann durch Kredit finanzieren, wenn der erwartete Mehrerlös höher ist als Zins und Abschreibung für die Investition. Wenn man dem Keynsianischen Ansatz folgen wollte, gehen durch Mehrausgaben beim Staat konjunkturelle Wirkungen aus. Dadurch entsteht in der Gesamtgesellschaft ein Mehrwert., Dieser Effekt führt allerdings nicht zu einer unmittelbaren Ertragssteigerung im Staatshaushalt. Der Mehrwert entsteht im Privat- und im Wirtschaftsbereich. Im Staatshaushalt bildet sich das allenfalls in einer Steigerung der Steuereinnahmen aus. Das wäre bei einer Steuerquote in Deutschland von 24,5 % nur dann der Fall, wenn der Impuls sich in der Volkswirtschaft mindestens viermal umsetzen würde. Bilanziell muß dann aber durch eine Tilgung des eingesetzten Kredites und der aufgewendeten Zinsen sichergestellt werden, daß keine weiteren Belastungen von dem ursprünglich eingesetzten Kapital mehr ausgehen. Auf keinen Fall dürfen diese über Kredite angeschobenen Mehreinnahmen für zusätzliche konsumptive Ausgaben eingesetzt werden. Nach Abschluß des Finanzzyklusses müssen Staatshaushalt und Bilanz wieder neutral gestellt sein.
Der zweite Teil, die Tilgung, wurde in der Vergangenheit nicht ausgeführt und deshalb haben wir jetzt im Einzelplan 32 „Staatsschuld“ im Haushalt 2023 einen explodierenden Zinsaufwand von 4 auf 43 Mrd. .Ab 2028 kommen weitere 87 Mrd. € für Zinsanstieg durch Umschuldung, die Finanzierung der Sondervermögen sowie die Bezahlung der anteiligen Lasten für das EU-Sondervermögen Corona hinzu. Ab 2031 dann noch einmal rund 6 Mrd. für die Rückzahlung des Sondervermögens Bundeswehr. Deshalb sieht die Schuldenbremse im Grundgesetz vor, daß über sie aufgenommene Kredite in einem angemessenen Zeitraum zurückgeführt werden müssen.
In der Bilanz expoldieren allein die Bundesschulden von 1.011 Mrd. € im Jahre 2019 auf 1.535 Mrd. € im Jahre 2023.
*) Da sich am Problem nichts ändert, kann die Währungsumstellung von DM auf € vernachlässigt werden
Jochen-Konrad Fromme
Rechtsanwalt
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